Daß es viele interessante Neujahrsbräuche gibt, wissen wir spätestens, seitdem wir den Anime „Nanbaka“ gesehen haben. Obschon ich auch nichts dagegen gehabt hätte, eine Arena in Schutt und Asche zu legen … lief es hier doch leider etwas gesitteter ab.
Silvester ist hier absolut gar nichts. Feuerwerkssaison ist der Sommer, Feuerwerk zum Jahreswechsel gibt es nicht. An manchen Veranstaltungsorten gibt es einen Countdown; aber wenn der abgelaufen ist … ja, dann gratuliert man einander zum neuen Jahr und fertig.
Ich für meinen Teil habe mir zum fünftausendsten Mal, wie immer zu Silvester, „Eine Leiche zum Dessert“ angesehen (ich kann’s mitsprechen, aber dafür finde ich an „Dinner for one“ leider keinerlei Komik – und das sehen manche Leute sogar mehrmals jedes Silvester) und dabei lustiges Sushi in der Form von Konfettikanonen verzehrt:
Für den Ureinwohner des Archipels, den gemeinen Feld-Wald-und-Wiesen-Japonesiker, haben die jeweils ersten Dinge des neuen Jahres eine große Bedeutung, das wird allgemein als 初物 bezeichnet, als Hatsumono – „erste Sache“. Darunter fällt zum Beispiel 書き初め Kakizome, die erste Kalligraphie des Jahres, oder natürlich auch 初日の出 – Hatsuhinode, der erste Sonnenaufgang des Jahres. Und der sieht vom Dach des Einkaufszentrums „Across Plaza“ in Tsuruse so aus:
Von dem Dach aus kann man übrigens auch prima 富士山 sehen, den Berg Fuji:
Der Winter in Japan ist kalt, aber trocken und klar, daher eine wunderbare Zeit für gute Aussicht. Im Frühjahr sieht das schon ganz anders aus. So ab etwa Februar ist vom Fuji nichts mehr zu sehen.
Und so wacht Tsuruse auf, morgens um sieben:
Die japanische Küche hat ja ohnehin die Neigung, statt einer anständigen Mahlzeit lieber eine Million Appetithäppchen anzubieten. ^^ Das ist natürlich Geschmacksache und auch eine Frage der Gewohnheit, aber ganz ehrlich, ein großer Freund davon bin ich nicht. Wenn mir etwas schmeckt, möchte ich den ganzen Teller voll davon haben. Etwas anderes, das mir auch schmeckt, kann ich ja dann morgen essen. Aber viele verschiedene Geschmäcker innerhalb einer Mahlzeit, das finde ich eher verwirrend, das überfordert mich.
Auch die Neujahrstafel glänzt mit dieser Vielfalt von Kleinigkeiten, die sehr langwierig in der Zubereitung sind und nach meinem Dafürhalten wesentlich mehr Arbeit verursachen, als die Sache wert ist, aber was will man machen, so isses nun mal. Das Neujahrsmahl heißt おせち Osechi, und mein Vermieter lud zu einem solchen ein, und wenn ich mich kostenlos durchfressen kann, bin ich ja eh dabei. Da sie auch gleich eine praktische Übersicht dazugebastelt haben, was es da so gibt und wozu es da ist, zeige ich euch dieselbe hier einfach mal:
Und schließlich gehört zum neuen Jahr auch 初詣 Hatsumōde, der erste Schreinbesuch des Jahres. Das kann man am Meijijingu oder gar am Sensōji natürlich knicken, aber die lokalen Schreine sind auch gut besucht. Wir sind zu einem in Ikebukuro gegangen und haben bei den Göttern mal hallo gesagt. ^^ Und da habe ich auch wieder was nettes gesehen. Man sollte doch denken, ein Schreinbesuch sei etwas für alte Leute oder so. Na ja, davon waren natürlich auch viele da, aber auch viele mittleren Alters und auch junge Leute. Zum Beispiel Mister Cool, der aussah, als sei er von der letzten Nacht in Shibuya übriggeblieben, machte artig seine Aufwartung am Schrein.
Also ganz verloren ist Japan doch noch nicht!